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Ausgangsbetrachtung
Cooktown, Cook´s Lookout mit Blick auf die Stadt und die Flussmündung des Endeavour River, wo Captain Cook 1770 sein Schiff reparierte
Reise weiter nach Norden
Österreich/Wien 29.6.2014
Cairns-Captain Cook Statue
Lange Zeit hatte ich in Cairns und Umgebung verbracht. Von der Stadt aus konnte man viel unternehmen, es gab eine Menge an Sehenswürdigkeiten rundum, und ich kehrte immer wieder gerne zurück. Doch nun war der Zeitpunkt gekommen, den Angelpunkt Cairns zu verlassen, und in den nicht weniger aufregenden Norden aufzubrechen. In einem ersten Schritt wollte ich Port Douglas anfahren, wo ich schon einmal zu einem Tagesausflug auf das Great Barrier Reef Zwischenstation gemacht hatte. Port Douglas hatte sich bei meinem Kurzaufenthalt empfohlen, und ich hatte vor, auch die schöne Route entlang der Küste zu entdecken.

Am Morgen meiner Abreise von Cairns kam eine gewisse Prise Stress auf, da ich für meinen Heimflug noch eine Nacht ein Zimmer brauchte, was sich wegen eines genau in diesen Tagen stattfindenden Triathlons als mühsam herauskristallisierte. Mein aktuelles Hotel behauptete, seit zwei Monaten voll ausgebucht zu sein, und riet mir dringend, rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Zum Glück hatte ich mit Weitsicht und der angeeigneten Reiseerfahrung bereits vorher ein Resort besucht und begutachtet, bei dem ich mich jetzt erkundigte. Dort war ein Zimmer für mich frei, das ich sofort reservierte. Die ganze Aufregung war umsonst gewesen, alles hatte sich wunderbar gefügt. Ich hatte in Cairns alles erledigt und konnte beruhigt meine Weiterreise antreten.

Cairns-Port Douglas Anreise, Palm Cove
Als letzten Programmpunkt hielt ich einen kurzen Stopp bei der großen Statue von Captain Cook am Captain Cook Highway, der Ausfallstraße, die mich nach Norden führen würde. Seine etwa fünfzehn bis zwanzig Meter hohe eindrucksvolle Figur in weiß-rotem historischem Gewand mit schwarzem Barrett war an der Ausfahrt von Cairns unübersehbar. Der Name Cook war in der Region aufgrund der geschichtlichen Bedeutung des Seefahrers allgegenwärtig, und es war sogar eine eigene Stadt oben im Norden nach ihm benannt, nämlich Cooktown, die ich ebenfalls besuchen wollte. Nach einigen Fotoaufnahmen des Denkmals bestieg ich endgültig meinen Wagen und fuhr vorbei am Flughafen aus der Stadt in Richtung Norden. Die Straße kannte ich, es gab überhaupt kein Problem, sich auch ohne GPS-Navigation sofort zurechtzufinden. Zu meiner Rechten passierte ich eine Anzahl von schönen Stränden, die ich allerdings alle links liegen ließ, und bis nach Palm Cove weiterfuhr, wo ich gegen Mittag eintraf.

Palm Cove ist ein kleiner Ferienort an einer mit Palmen gesäumten Bucht, intimer und anspruchsvoller als der nördliche Nachbar Port Douglas aber sicher auch um einiges teurer. Es war nicht meine Absicht hier zu bleiben,
Cairns-Port Douglas Anreise, Palm Cove
sondern ich wollte mich bloß umsehen und an der Strandpromenade spazieren gehen. Der Ort bestand auch im Wesentlichen aus der großen Williams Esplanade mit dem hellen Strand, den Hotels und Resorts, sowie den vielen Restaurants daneben und davor. Im Hinterland verliefen ein paar Zufahrtsstraßen mit schönen Villen und Häusern. Angeblich besitzt auch Elton John eine Villa bzw. ein Aufnahmestudio an der hiesigen Landspitze. Der Ort war prädestiniert für Strandspaziergänge, Shopping und geruhsames Schwimmen. Auch Kajak-Ausflüge zu den vorgelagerten kleinen Inseln wurden angeboten.

Das Wetter war ausgezeichnet und lud zum Baden ein. Doch wie überall in der Gegend standen Gefahrenschilder, die auf gefährliche Quallen (Stingers) und Krokodile hinwiesen. Es war also nicht anzuraten, einfach so ins Wasser zu gehen. Dafür gab es mit Netzen geschützte und beaufsichtigte Zonen. Es wäre keine schlechte Idee gewesen, hier ein zwei Tage zu bleiben, doch alleine machte es keinen Spaß. Das war auch ein Resultat meiner langen Reise, dass man doch besser zu zweit fährt, insbesondere, wenn es so lange geht. Die Palmenbucht war wirklich schön, und ich kam zu einem
Cairns-Port Douglas Anreise, Palm Cove Jetty
Wasserarm im Landesinneren, wo man wieder speziell auf die Krokodile achten musste. Das kleine Shopping Centre auf einer Plattform im ersten Stock versprühte mediterranen Charme, konnte mich aber vom Angebot in keiner Weise überzeugen. Meist wurden vollkommen überteuerte Standardartikel angeboten. Ich fragte mich immer wieder, warum Menschen auf solch schlechte Angebote einstiegen, ohne jedoch eine passende Antwort zu finden. Am nördlichen Ende der Bucht ragte die Palm Cove Jetty weit ins Wasser. Dort saßen Fischer und warteten auf ihren Fang, und Kinder rannten umher. Der Blick vom Wasser auf die tropisch bewachsenen Hügel, die nahezu bis zum Wasser reichten, entpuppte sich als großartig. Schade blieb nur, dass der Zugang ins herrliche Wasser mit so vielen Hürden verbunden war. Nach mehr als einer Stunde kehrte ich zum Auto zurück, das ich in einer schattigen Nebenstraße geparkt hatte, und setzte meine Fahrt fort.

Was nun am Captain Cook Highway folgte, war der 28 Kilometer lange Abschnitt, der als Welterbe ausgewiesen war. Sofort nach der nächsten Landspitze an der Palm Cove folgte der nicht minder schöne Buchans Point Beach, der aber glücklicherweise nicht bebaut war. Einige wenige
Cairns-Port Douglas Anreise, Ellis Beach
Sonnenhungrige lagen im heißen Sand. Am herrlichen einsamen Ellis Beach fand ich schwarze Felsformationen im gelben Sand. Die Abhänge der tropischen Hügel endeten direkt am rund zwanzig Meter breiten Sandstrand. Ein fantastischer Höhepunkt meiner Anreise nach Port Douglas erwartete mich am Rex Lookout. Auf einem Hügel über dem Meer waren die Küstenlinie und der Verlauf der meeresnahen Hügelketten prächtig zu übersehen. Von der Kuppe des Hügels starteten laufend Paragleiter, die schon nach wenigen Minuten bedingt durch die günstigen Windverhältnisse in schwindelerregende Höhen aufgestiegen waren. Mit Staunen beobachtete ich die Vorbereitungen und Höhenflüge der offenbar sehr erfahrenen Piloten, die sich keinerlei Fehler leisten konnten, ohne unmittelbar in höchste Gefahr zu geraten. Eine letzte Pause legte ich am Oak Beach ein, einem flachen Sandstrand mit kleinen Steinen zwischendurch. Kurze Zeit später erreichte ich das Umfeld von Port Douglas, wo mich wieder große Zuckerrohrfelder begrüßten. Ich verließ den Captain Cook Highway und fuhr auf der rund sechs Kilometer langen Port Douglas Road in Richtung Stadtzentrum. Schon bald fand ich ein passendes Resort, in dem ich für vorläufig zwei Nächte eincheckte. Das Zimmer und die
Cairns-Port Douglas Anreise, Rex Lookout
gesamte Anlage waren sehr schön, einzig das Internet funktionierte wieder einmal nicht richtig. Das war wirklich eine Schande für Australien, und ich konnte die blöden Ausreden an den diversen Rezeptionen einfach nicht mehr hören.

Port Douglas ist eine kleine Stadt mit etwas mehr als dreitausend Einwohnern und liegt rund sechzig Kilometer nördlich von Cairns. Das nahe gelegene Great Barrier Reef zieht die Touristenströme in die Stadt, die als glitzernde Spielwiese des tropischen nördlichen Queensland gilt. Die Zahl der Hotels, Resorts und Restaurants ist nahezu unüberschaubar. Eine halbe Stunde nördlich liegt der außergewöhnliche Daintree National Park, der nur über eine kleine Flussfähre zu erreichen ist. Mit einem herkömmlichen Straßenfahrzeug kann man noch weiter bis Cape Tribulation fahren. Cooktown ist über diese Route nur mit Allradfahrzeugen zu erreichen, was sich aber je nach Gegebenheiten zu einem Abenteuer entwickeln kann. Wie gefährlich die Küste hier ist, zeigte der Tod des australischen „Crocodile Hunters“ Steve Irwin im September 2006, der bei Dreharbeiten zur Tierdokumentation „The Ocean Deadliest“ an der Küste von Port Douglas durch den Stich eines Stachelrochens ums Leben kam.

Cairns-Port Douglas Anreise, Rex Lookout
Die Gründung der Stadt erfolgte im Jahr 1877, als Goldvorkommen in der Region entdeckt wurden. Der Name geht auf den damaligen Premierminister von Queensland John Douglas zurück. Der Tourismus fasste in den 1970er Jahren Fuß und steigerte sich mit der Eröffnung des Flughafens in Cairns im Jahr 1984. Im Jahr 1996 besuchte Bill Clinton mit seiner Frau Hillary den Urlaubsort. Hauptsaison herrscht besonders in den Wintermonaten von Mai bis Oktober, was die Bevölkerungszahl enorm anwachsen lassen kann.

Mein Resort verfügte auch über einen Strandzugang, den ich mir später anschaute. Dazu musste ich ein paar Minuten gehen, um dann zum Four Mile Beach mit dunklem Sand zu gelangen. Der Strand war breit, flach und schön, doch im Wasser war niemand. Vereinzelt hielten sich Menschen im Sand auf. Danach fuhr ich ins Zentrum von Port Douglas und erklomm den steilen Flagstaff Hill, der mir eine große Aussicht auf den von Palmen begrenzten Four Mile Beach, die Stadt und die Hügeln im Hintergrund eröffnete. Der Blick war so schön, dass ich eine Weile oben verweilte, mit ein paar Leuten sprach und natürlich großartige Fotos machte. Wieder auf Meeresniveau angekommen parkte ich den Wagen in der Nähe der
Port Douglas-Lookout am Flagstaff Hill mit Blick auf den Four Mile Beach
Reef Marina und spazierte in der lichten Spätnachmittagssonne zur Mole und Bootsrampe, wo reger Betrieb herrschte. Wie ich später erfuhr, feierte man in Port Douglas gerade Karneval. Das erklärte auch, warum innerhalb der Marina eine Live-Band spielte, und so viele Menschen halb oder ganz betrunken herumwankten. Der Platz war ausgesprochen gut gewählt, denn auf den Holzböden über dem Wasser und in den umliegenden Wiesen ließ es sich prächtig verweilen. Der „Quicksilver“ Katamaran, mit dem ich am Riff war, lag ruhig vor Anker und glänzte in der Sonne. Alle Lokale im Zentrum waren voll, und von überall her hörte man Musik. Es war ein schöner lauer Abend, der einen feinen Tag beendete.

Mossman ist eine kleine unaufdringliche Zuckerrohrstadt an die fünfzehn Kilometer nordwestlich von Port Douglas. Kreuz und quer verliefen überall in der Gegend die schmalen Schienenstränge der Zuckerrohrzüge. In der Regenzeit sind aufgrund der monsunartigen Niederschläge viele Straßen und Wege unpassierbar. Die Hauptattraktion der Region ist die Mossman Gorge, eine tiefe grüne Schlucht innerhalb des 76.000 Hektar großen Daintree National Parks. Durch die Klamm führt ein zweieinhalb Kilometer langer Pfad vorbei an mächtigen glattgeschliffenen Felsbrocken und Steinen,
Daintree National Park-Mossman Gorge
die mitten im smaragdgrünen kristallklaren Wasser liegen, eine Idylle im Regenwald. In einigen Becken lässt sich auch schwimmen, was aber nach starken Regenfällen sehr schnell lebensgefährlich werden kann. Der anfängliche Boardwalk durch den üppig bewachsenen Regenwald bringt die Besucher auch über eine Hängebrücke, die einen ungezähmten Fluss überquert.

In der Früh regnete es wieder einmal, was sich jedoch im Laufe des Vormittags besserte. Ein wirklich schöner Tag sollte es aber wettermäßig leider nicht werden. Am späten Vormittag verließ ich Port Douglas und fuhr zur Mossman Gorge. Die Anfahrt gestaltete sich einfach, es war nicht weit, und ringsum war ich meist von Zuckerrohr umgeben. Mossman liegt ein Stück im Landesinneren am Rande einiger mittelhoher Berggipfel. Ich parkte den Wagen beim Eingang zum Mossman Gorge Gateway Centre und besorgte mir einen Fahrschein für den Bustransfer zur Schlucht. Eine direkte Anreise mit privaten PKWs durch den Nationalpark war nicht gestattet. Im Gebäude waren eine einheimische Kunstgalerie, ein kleiner Laden und ein Restaurant untergebracht, was mich aber alles nicht interessierte, und ich daher links liegen ließ. Bald
Daintree National Park-Mossman Gorge
fuhr der Shuttle-Bus los, und kurz vor Mittag stand ich am Eingang zur Schlucht. Wir waren eine enge Straße durch den dichten Dschungel gefahren, wobei der Bus immer wieder Wasserrinnen quer über die Straße zu passieren hatte. Da bekam man eine Vorstellung serviert, was in der Region während der Regenzeit abging.

Der Daintree National Park schützt einen bedeutenden Anteil des restlich verbliebenen Tiefland Tropenregenwaldes in Australien und gehört zum Feuchttropen Welterbe. Hier lagen uralte zerklüftete wolkenverhangene Berge vereint mit klarem fließendem Wasser. Der einfache leicht zu begehende und auch für Rollstuhlfahrer geeignete Baral Marrjanga Rainforest Track startete direkt vom Parkplatz. Er führte durch den Regenwald nach wenigen Minuten zum Mossman River Lookout, wo man auch einen Blick auf die darüber liegenden Bergketten werfen konnte. Bildtafeln am Weg klärten die Besucher über interessante Zusammenhänge auf. So erfuhr ich, dass große und kleine Tiere naturgemäß die einfachsten Routen wie zum Beispiel entlang ausgetrockneter Bachbetten zum Durchqueren der Wälder wählen. Die gewaltigen Baumriesen entwickeln großflächige Brettwurzeln, um sich im feuchten
Daintree National Park-Mossman Gorge, Blick auf den von Wolken umfangenen Mount Demi
Boden stabilisieren und ausreichend Sauerstoff aufnehmen zu können. Diese Art von Wurzeln hatte ich schon häufig beobachtet und nun wusste ich, was es damit auf sich hatte. Nach wenigen Minuten war ich am Fluss angelangt. Zahlreiche Menschen nahmen in dem kühlen Wasser ein Bad. Jugendliche rutschten über große glatte Felsflächen von einem Wasserbecken ins nächste, teils mit dem Kopf voraus. Das Wasser war tatsächlich smaragdgrün und klar bis zum Boden, am Ufer breitete sich Sand aus. Rund um mich bewegten sich viele asiatische Besucher vor allem Chinesen, und wir schossen gegenseitig Fotos.

Nicht weit vom ersten Aussichtspunkt entfernt überspannte die Rex Creek Bridge den gleichnamigen Fluss. Von der relativ neuen Hängebrücke, deren Entstehung und Neubau im Jahr 2010 ausführlich beschrieben war, blickte ich in den tosenden Rex Creek, der zwischen großen runden Steinen in Richtung Mossman River floss, um sich nach kurzer Strecke mit diesem zu vereinigen. Weniger als hundert Meter von der Brücke befand sich erneut ein kleiner Aussichtspunkt auf den Mount Demi, einen doppelspitzigen Berg eingefangen von Nebel und Wolken. Diese Landschaft mit ihren Wäldern, Bergen und Flüssen war für die Aborigines von jeher von großer
Mossman-Daintree Village Anreise
faktischer und spiritueller Bedeutung, und auf vielen Tafeln konnte man die Zusammenhänge und Geschichten der Einheimischen erforschen. Nun folgte ich dem Rundweg, der sich mitten durch den Regenwald schlängelte. Da lagen manchmal große Felsen zwischen den Bäumen oder Baumriesen mit majestätischem Wurzelwerk säumten den Pfad. Auch streifte ich an kleineren Bächen wie dem Wurrmbu Creek vorbei, der einen anmutigen Badeplatz im Schatten anbot. Es machte großen Spaß durch den dichten Regenwald zu wandern, und am Ende kam ich wieder zum Mossman River, in dem noch immer viele Menschen badeten. Der bereits wartende Shuttle Bus brachte mich zum Gateway Centre zurück, wo ich in mein Auto stieg und meinen Ausflug fortsetzte.

Mein nächstes Reiseziel war der kleine Ort Daintree Village, doch elf Kilometer vor Daintree Village und vierundzwanzig Kilometer nördlich von Mossman lag die Abzweigung zur Fähre über den Daintree River. Diese kleine Fährverbindung stellte die einzige asphaltierte Zufahrtsstraße in Richtung Cape Tribulation weiter die Küste nach Norden dar, das ich am nächsten Tag anfahren wollte. Daher fuhr ich die verbleibenden fünf Kilometer bis zur Fähre, um mir die Lage und Gegebenheiten
Daintree River Ferry
anzuschauen. Zuvor ging ich an einem wunderschönen Strandabschnitt, den ich am Straßenrand entdeckt hatte, noch eine Weile spazieren. Das Wasser hatte sich zwar weit hinaus aufs Meer zurückgezogen, und es war teilweise ein wenig schlammig, doch das Gesamtbild mit Regenwald bis zum Strand, Sand und Wasser war einmalig. Kurz darauf erreichte ich den Daintree River. Ich fuhr vor bis zur Fähre und blickte mich um. Da gab es überhaupt kein Problem, die Verbindung war von sechs Uhr früh bis Mitternacht geöffnet, und die Intervalle waren kurz. Am Fluss wurden Ausflüge mit der Chance, Krokodile zu sehen, angeboten. Insgesamt war nicht allzu viel los an diesem Platz. Krokodile hatte ich bereits genug gesehen und auch River Cruises hatte ich schon jede Menge absolviert, daher kehrte ich um und fuhr weiter nach Daintree Village.

Wenn ich die gesamte Umgebung mit dem tropischen Regenwald in Betracht zog, war es ein wenig überraschend, dass Daintree Village kaum bewaldet war. Ich kam durch weite Lichtungen und große gerodete Flächen in der Umgebung des Daintree Rivers, wo in der Hauptsache Viehzucht betrieben wurde. Der Ort selbst war sehr klein und
Daintree Village am Daintree River
hatte nicht einmal zweihundert Einwohner. Er befand sich ein wenig verloren am Ende der Straße. An einer Wiese neben der Einfahrtstraße blieb ich stehen und schaute mich um. Ringsum standen Hügel, und irgendwo musste der Flusslauf zu finden sein. Leute waren kaum zu sehen. Hier sagten sich die Füchse gute Nacht, und auch die befestigte Straße endete in Daintree Village. Unten am Fluss machte sich gerade ein Boot mit einigen Touristen an Bord startklar für eine Krokodil-Tour. Die Landschaft war sehr beeindruckend. Der Fluss schlängelte sich inmitten von Ebenen und Hügeln gemütlich durch das Land. Auf einer Anhöhe über dem Fluss bot eine River-Lodge ihre hochpreisigen Zimmer an. Ich war froh, hier nicht nächtigen zu müssen. Das Boot legte ab und verschwand langsam hinter den Bäumen, während noch die Stimme des Kapitäns über Lautsprecher zu hören war. Von einem kleinen Hauptplatz aus zweigte die Straße für die letzten asphaltierten Kilometer ab. An einer Brücke blieb ich stehen und sah in die Gegend. Es war schön und einsam, die Straßen waren staubig und schlecht geworden. Auf den unendlichen Wiesen grasten Kühe. Auf der Rückfahrt nach Port Douglas begegnete mir erstmals ein voll beladener Zug mit Zuckerrohr, der den Verkehr zum Erliegen brachte.

Daintree Village-Port Douglas Rückreise, Transport von Zuckerrohr
Im Resort erlebte ich nach meiner Rückkehr eine unangenehme Überraschung, welche mir auch gleichzeitig verdeutlichte, warum der Zimmerpreis so relativ günstig war. Es gab kein Zimmerservice, und auch Kleinigkeiten wie Toilettenpapier oder Duschgel musste man sich bei der Rezeption gegen Entgelt selbst besorgen. Ich war geschockt, da man mir das bei der Buchung nicht mitgeteilt hatte. Schließlich erhielt ich nach meiner Beschwerde doch ein paar Verbrauchsartikel, aber das Prinzip blieb fürchterlich. So etwas hatte ich noch in keinem Land der Welt vorher erlebt. Da ging mächtig etwas schief in Australien.

Cape Tribulation ist eine kleine Landspitze im Norden von Queensland an der Ostküste Australiens. Von Port Douglas sind es an die achtzig Straßenkilometer, um das Kap am Ende der befestigten Cape Tribulation Road zu erreichen. Der Name bedeutet „Kap Trübsal“ oder „Kap Mühsal“ und bezieht sich auf die Havarie von Captain James Cook, der am Endeavour Reef während seiner ersten Südseereise (1768-1771) mit seinem Schiff auf Grund gelaufen war und erst nach wochenlangen Reparaturarbeiten seine Reise fortsetzen konnte. In der landschaftlich herausragenden Region stoßen Regenwald und Great Barrier Reef unmittelbar aufeinander. In der
Port Douglas-Cape Tribulation Anreise, Daintree National Park
kleinen Siedlung, die mittels der Fähre über den Daintree River zu erreichen ist, leben weniger als zweihundert Menschen. Die Weiterfahrt nach Cooktown über die Küstenroute ist nur mit einem Allradfahrzeug möglich. Cape Tribulation ist Teil des UNESCO-Welterbes der Wet Tropics of Queensland.

Just am Tag meines Ausflugs zum Kap musste es wieder einmal ordentlich regnen. Kurz nach der Abfahrt überlegte ich sogar meine Rückkehr nach Port Douglas, fuhr dann aber in der Hoffnung auf Besserung weiter. Bald hatte ich die Fähre erreicht und setzte auf die andere Seite in den Daintree National Park über. Die Wolken hangen ganz tief, doch der Regen ließ langsam nach und hörte bald ganz auf. Von einer guten Sicht konnte aber keine Rede sein. Schon drei Kilometer nach dem Übersetzen kam ich zu einer ersten Abzweigung nach Cape Kimberley, einem schönen ruhigen Strand mit Snapper Island vor der Küste. Da es sich um eine Schotterstraße handelte, und ich ohnehin noch viel vorhatte, ließ ich diesen kleinen Umweg aus und fuhr weiter zum Alexandra Range Lookout. Die enge sich windende tropisch-feuchte Bergstraße öffnete sich zu einem ersten herrlichen Aussichtspunkt. Vier Kilometer entfernt war die Mündung des Daintree River zu sehen, sieben Kilometer vor meinen Augen lag Snapper Island, dahinter
Port Douglas-Cape Tribulation Anreise, Daintree National Park, Daintree Tea
zwei weitere kleine unbewohnte Inseln und in 24,5 Kilometer Entfernung konnte man mit einiger Fantasie Port Douglas ausmachen.

Das Daintree Discovery Centre einige Kilometer weiter bot interessante grundsätzliche Informationen zum Millionen Jahre alten Regenwald und einen luftigen Fußweg durch die Baumkronen an. Das kannte ich alles bereits und fuhr weiter. Überraschenderweise stieß ich auf meiner Fahrt durch den satt-grünen Regenwald auch auf Bungalows und Motels, womit ich eher nicht gerechnet hätte. Dann stand ich plötzlich inmitten einer hellgrünen Teeplantage, die von einer australischen Familie seit dem Jahr 1978 betrieben wird. Unter einem Schutzdach neben den Pflanzen waren Texte und Bilder ausgestellt, welche die Teeproduktion vom Einsatz der Erntemaschinen, hin zur Weiterverarbeitung in der Fabrik bis zur Abpackung illustrierten. Es handelte sich angeblich um die einzige rein australische Teeproduktion im Land. Am Cooper Creek am Fuße des Thornton Peaks konnte man Führungen durch die Wildnis des Regenwalds und Bootstouren am Fluss auf der Suche nach Krokodilen buchen. Nur ein schmales Band von Vegetation trennte die Cape Tribulation Road vom halbmondförmig gestalteten großartigen Thornton Beach.
Port Douglas-Cape Tribulation Anreise, Daintree National Park, Thornton Beach
Gegenüber dem breiten flachen Sandstrand lag eine winzige felsige Insel, wo man auch schnorcheln konnte. Ich ließ das besser bleiben und fuhr nach einem Spaziergang über den Sandstreifen weiter. Nahe beim Noah Creek und unmittelbar beim Oliver Creek begann der Marrdja Botanical Walk, ein interessanter erklärender Boardwalk durch den dichten Regenwald, der dem Bachlauf folgte. Man bekam Fächerpalmen und vor allem Mangroven zu sehen, bis der Weg nach mehr als einem Kilometer an einem Aussichtspunkt über den Noah Creek endete. Der Noah Beach bot einen Campingplatz mit Toiletten aber ohne Duschen. Ich stieß auf deutsche Camper. Es war erneut geboten, vorsichtig wegen der Krokodilgefahr zu bleiben. Noch einmal hielt ich an einem wilden Strandabschnitt, bevor ich Cape Tribulation erreichte. Diesmal war es ein teils felsiger Strand mit rot gefärbten Baumstämmen am Ufer.

Schließlich fuhr ich gegen 14 Uhr in die kleine Ansammlung von Gebäuden, Wegen und Straßen von Cape Tribulation ein. Hier war alles noch sehr nass, einige Wege waren nur schwer passierbar. Es regnete nicht, doch von der Sonne war ebenfalls nichts zu entdecken. Der Eindruck gestaltete sich zunächst ein wenig düster, wenn ich mir zum Vergleich die Bilder der Werbebroschüren über die Region vor Augen
Port Douglas-Cape Tribulation Anreise, Daintree National Park, Marrdja Boardwalk
führte. Ich stellte den Wagen am Parkplatz beim Beginn des Boardwalks ab. Kleine Bäche flossen über die Straße und der Boardwalk war wegen Überflutung gesperrt, wie mir eine Führerin mitteilte. Das war eine herbe Enttäuschung, doch ein deutscher Tourist, dem ich in der Mossman Gorge begegnet war, hatte mich bereits auf die schlechten Zustände hier hingewiesen. Jetzt stand ich in der Picknick-Zone und studierte die verschiedenen Informationstafeln. Das Baden war hier trotz der schönen Umgebung einfach ein Problem ohne Stinger-Netze und Aufsicht. Ich hatte auch nirgends irgendwen im Wasser gesehen. Das Riff ist auch die Heimat der überaus bedrohten Dugongs (Seekühe), die bereits im Süden Thailands zu finden waren. Diese Tiere zu Gesicht zu bekommen, war aber sehr unwahrscheinlich. Dann spazierte ich die paar hundert Meter vor zum Dubuji-Myall Beach, wo ich ein älteres italienisches Ehepaar traf. Der Strand war wunderschön und breit, aber nur wenige Menschen gingen entlang. Wir machten einige Fotos, ehe wir uns wieder freundlich verabschiedeten.

Mein Ziel war nun, das eigentliche Kap ausfindig zu machen. Mit dem Auto fuhr ich noch ein Stück weiter Richtung
Cape Tribulation, Kulki-Cape Tribulation Beach
Norden. Nach Cooktown waren es von hier noch 106 Kilometer, wie mir eine Tafel am Straßenrand anzeigte. Ein weiteres Hinweisschild kündigte den weltbekannten Kulki – Cape Tribulation Beach an. Das war, was ich suchte. Ich bog ein und parkte den Wagen erneut. Nach wenigen Metern durch dichte Vegetation gelangte ich zum großen Strandbogen des Kaps. Ich war am Ziel angelangt. Meine lange Wanderung über den Strand begann. Der Regenwald war nur wenige Meter entfernt, und über den dahinterliegenden Hügel stiegen Nebel und Wolken auf. Ein kleines Bächlein strömte aus dem Wald und versperrte mir den Weg. Ich ging bloßfüßig weiter. Vorne am Wasser ragten spitze Korallenbänke über den Sand. Ohne Schuhe war es schwierig, diese zu queren. Der Platz war sensationell. Ich malte mir aus, wie hier alles mit Sonnenschein wirken würde. An der kleinen Krümmung der Bucht wuchsen plötzlich Mangroven aus dem Sand. Gelegentlich begegnete ich ein paar Touristen aber nicht vielen. Kurz begann es zu tröpfeln. Dann traf ich eine holländische Studentin, die hier im Hostel nächtigte und in Melbourne studierte. Wir gingen ein Stück des Weges gemeinsam. Nun wusste ich genau, wo sich das Kap befand. Es hätte auch die Möglichkeit des Aufstiegs auf den Mount Sorrow
Cape Tribulation, Kulki Lookout
gegeben. Für die Mount Sorrow Gratwanderung, die rund sieben Kilometer lang ist und an die fünf Stunden Zeit in Anspruch nimmt, war es jedoch bereits zu spät. Auch war das Wetter zu unsicher, und alleine kam das für mich ohnehin nicht in Frage. Daher kehrte ich langsam um und suchte am anderen Ende der Bucht den angekündigten sechshundert Meter langen Kulki Boardwalk mit dem Kulki Lookout an seinem Ende. Der Eingang befand sich unweit des Parkplatzes. Vom nicht sehr hohen Aussichtspunkt hatte man dennoch einen hervorragenden Blick auf den Strand mit dem Kap an seiner Spitze. An diesem Tag zeigten sich bedauerlicherweise keine strahlenden blauen oder grünen Farben in der Landschaft. Alles wirkte ein wenig düster und grau. Bevor ich die Heimreise antrat, begutachtete ich noch die Straße nach Cooktown, die unmittelbar nach der Ausfahrt vom Parkplatz ihren Anfang nahm. Der Weg war lang, unberechenbar und nicht ungefährlich, wenn man sich nicht professionell darauf vorbereitet hatte. Einfach so auf gutes Glück weiter zu fahren, war absolut nicht zu empfehlen.

Cooktown in Queensland liegt am südöstlichen Rand der Cape York Halbinsel sechs Meter über Meereshöhe und ist
Port Douglas-Cooktown Anreise (Mossman-Mt. Molloy Road)
die nördlichste Stadt an der Ostküste Australiens. Der Ort wurde im Jahr 1873 gegründet und hat an die 2.500 Einwohner. Am 17. Juni 1770 landete der englische Seefahrer und Entdecker James Cook hier an der Mündung des nach seinem Schiff – der Endeavour – benannten Flusses Endeavour River. Cook und seine Besatzung verbrachten im heutigen Cooktown 48 Tage, um das am Great Barrier Reef auf der Höhe von Cape Tribulation leckgeschlagene Schiff zu reparieren.

Als rund 110 Jahre später in der Gegend am Palmer River Goldvorkommen entdeckt wurden, die sich als die größten in Queensland herausstellten, entwickelte sich aufgrund des Andrangs der Goldsucher eine Zeltstadt, aus der bald eine richtige Stadt wuchs. Cooktown zählte zu dieser Zeit an die 30.000 Einwohner. Mit dem Goldrausch kamen zahlreiche Chinesen in den Ort, die nicht nur nach Gold suchten, sondern auch als Händler und in anderen Bereichen arbeiteten. Noch heute wird einmal jährlich während des Discovery Festivals die Landung Cooks mit historischen Kostümen nachgespielt, wobei man aber nicht unbedingt um geschichtliche Korrektheit bemüht ist.

Port Douglas-Cooktown Anreise (Mulligan Highway)
Lange Zeit blieb Cooktown nur per Schiff, Flugzeug oder über eine unbefestigte Straße mit Geländewagen erreichbar. Seit dem Jahr 2006 verbindet der Mulligan Highway, eine der alten Entwicklungsstraße folgende befestigte Verbindung über das Landesinnere Cooktown mit dem Kennedy Highway, wodurch die Anreise von Cairns auf rund dreieinhalb Stunden verkürzt werden konnte.

Meine Abreise aus Port Douglas erfolgte ohne große Wehmut. Der Ort gefiel mir zwar, doch die Machenschaften in meinem Resort ohne Service waren mir zuwider. Der Ort war zu stark nachgefragt, als dass man sich wirklich um die Gäste bemühen wollte. So fuhr ich den Captain Cook Highway noch ein paar wenige Kilometer nach Norden, bevor ich links Richtung Südwesten in die Mossman – Mount Molloy Road abbog. Ein Straßenschild bezifferte die Entfernung von hier nach Cooktown noch mit 254 Kilometer. Gleich ging es eine sehr gut ausgebaute Bergstraße aufwärts, wo einige schöne Aussichtspunkte auf mich warteten. Es war möglich, in die Küstenlandschaft mit ihren kleinen Hügeln, Becken und Bergzügen zu blicken. Diese Art von Bildern einer Landschaft blieb besonders gut in meinem Gedächtnis haften. Irgendwo in der
Port Douglas-Cooktown Anreise (Mulligan Highway), Bob´s Lookout
Ebene stieg Rauch wie von Einheimischen inszeniert auf, und es schaute aus, als sollten Rauchzeichen verschickt werden. Weiter oben auf der Anhöhe machten die Wolken dicht und ließen einige Regentropfen aus. Ein Stück nördlich von Mount Molloy stieß ich auf den Mulligan Highway, der mich fortan an mein Ziel begleiten sollte. An diesem Punkt drehte die Straße auch wieder Richtung Norden.

Nach der Überquerung der Bergkette wechselte die Vegetation. Der üppige tropische Regenwald war in den Niederungen von Cape York durch eine mehr offene tropische Savanne ersetzt worden, die mich sofort zu faszinieren begann. Der Straße zu folgen war ein Traum, mit dem ich gar nicht gerechnet hätte. Rechts von mir liefen die Bergketten aus, während ich immer tiefer in das aufregende Savannenland einfuhr. In Mount Carbine einer kleinen Siedlung nach rund dreißig Kilometern Fahrt wurden im Jahr 1890 ausgiebige Wolfram-Lagerstätten entdeckt, die dem Anschein nach noch immer ertragreich abgebaut werden konnten. Alles, was ich zu Gesicht bekam, schaute nach schwerem Bergbau aus. Doch es gab auch einen Caravan Park in ruhiger Buschland-Umgebung mit einer reichen Vogelwelt. Weitere fünfundzwanzig Kilometer später erreichte ich wohl einen der landschaftlichen
Port Douglas-Cooktown Anreise (Mulligan Highway), Bob´s Lookout
Höhepunkte der Anreise, nämlich den mich begeisternden Bob´s Lookout. Der Ausblick von einer Anhöhe der Desailly Range bot grandiose Bilder über entlegenes raues Savannenland umgeben von Hügeln und Bergketten. Der Verlauf der Straße durch das Gebiet, die Farben der Savanne und die ständig wechselnden Kulissen waren für mich ewig in Erinnerung bleibend.

Rund sechzig Kilometer nach diesem einschneidenden tollen Erlebnis kam ich zum Palmer River Roadhouse, in dessen Umgebung einst die reichsten durch fließendes Wasser abgelagerten alluvialen Goldfelder ganz Australiens lagen. Die harten Umstände des Abbaus fernab von jeder Zivilisation und die hohe Anzahl chinesischer Schürfer mit bis zu 17.000 Personen in den 1870er Jahren führten zum legendären Goldrausch in Queensland zu diesem Zeitpunkt. Ein anspruchsvoller 4WD-Treck führte in die damalige Goldhauptstadt Maytown, die für besonders Interessierte auch noch erkundet werden konnte. Meine Reise ging unentwegt weiter und blieb spannend. Am Parkplatz des Byerstown Range Lookouts gedachte eine kleine Metalltafel angebracht an einem Felsbrocken der Eröffnung der Straßenverbindung (Peninsula Developmental Road) im Juli 2001.
Port Douglas-Cooktown Anreise (Mulligan Highway), Byerstown Range Lookout
Immer wieder stoppte ich inmitten der abwechslungsvollen farbenfrohen Landschaft, um sie per Foto in meine Ewigkeit zu bannen. In der Zwischenzeit hatte ich mehr als die Hälfte des Weges nach Cooktown zurückgelegt und war in den Lakeland Downs angekommen. Diese liegen in einem natürlichen Becken, das vor Millionen von Jahren aus vulkanischer Aktivität entstanden war. Auch hier gab es einen Caravan Park, ein Motel und ein Coffee House. Eine asphaltierte Abzweigung nach Nordwesten führte in den mehr als sechzig Kilometer entfernten Ort Laura. Nach Cooktown in Richtung Nordosten waren es noch 79 Kilometer. Nun war es nicht mehr weit, doch es gab noch mehr zu sehen.

In der Gegend, wo der Bloomfield Track von Cape Tribulation über die Küstenvariante auf den Mulligan Highway trifft, liegt der Black Mountain National Park. Dieser umfasst ein ungefähr 900 Hektar großes Gebiet weniger als dreißig Kilometer südwestlich von Cooktown und gehört ebenfalls zum UNESCO-Weltnaturerbe „Wet Tropics of Queensland“. Kennzeichnend für den Nationalpark sind die namensgebenden Berge aus ursprünglich hellgrauem Granit, der durch den Bewuchs mit Blaualgen die dunkle Farbe angenommen hat. Vor etwa 260 Millionen Jahren erstarrte hier Magma tief unterhalb
Port Douglas-Cooktown Anreise, Black Mountain
der Erdoberfläche. Weicheres darüber liegendes Gestein erodierte im Laufe der Zeit und gab den Granit frei. Die weitere Verwitterung und insbesondere das Aufeinandertreffen von kaltem Regen und von der Sonne erhitztem Gestein führten in der Folge zum gegenwärtigen zerklüfteten Erscheinungsbild. Der Park ist überdies die Heimat dreier endemischer Tierarten, einer Froschart, einer Skinkart und einer Geckoart.

Über den Berg gibt es zahllose Gerüchte von verschwundenen Menschen, Pferden und ganzen Herden von Vieh, die im Labyrinth der Felsen untertauchten und niemals wieder gesehen worden waren. Die Erklärung dafür ist, dass unterhalb der sichtbaren mächtigen Felsbrocken große Irrgärten von Wegen und Kammern existieren, welche Forscher und Menschen, die sich vor ihren Verfolgern verstecken wollen, anlocken. Im tiefschwarzen Inneren können jedoch hauchfeine Tropfen, Inseln schlechter Luft oder unerwartete Begegnungen mit Fledermäusen und Schlangen einen Orientierungsverlust, Panik oder Verletzungen bei den Eindringlingen in die unheimliche Unterwelt hervorrufen. Auch Piloten berichteten von angeblichen Turbulenzen über den Black Mountains. Ob wahr oder gut erfunden, der magischen Anziehungskraft der
Port Douglas-Cooktown Anreise, Annan River
Berge wird es nicht schaden. Am Parkplatz zwischen den Black Mountains hatte ein Bus eine Gruppe von Senioren abgesetzt, welche die dunkle Felsformation in Augenschein nahm. Die Straße wand sich direkt zwischen den beiden Erhebungen, und es war beeindruckend, über die Geschichte der Berge auf den Hinweistafeln zu lesen und gleichzeitig inmitten dieser zu stehen. Ich befand mich kurz vor Cooktown, als ich den Annan River überquerte und an seinen Ufern eine kurze Pause einlegte. Hier musste man erneut vor den Krokodilen auf der Hut sein. Schließlich erreichte ich endlich die Stadtgrenze und fuhr kurz nach 14 Uhr in Cooktown ein. Beim Cook Shire Council, einer Art Gemeindeamt, fragte ich nach dem Information Centre, das ein wenig abseits lag. Der Ort gefiel mir von Anfang an. Man war weit weg von allem und dennoch nahe am Geschehen. Cooktown hat eine lange und interessante Geschichte, die es für mich wert war, erfahren zu werden. Zu meinem Glück klappte bereits der erste Versuch, eine brauchbare Unterkunft zu finden, sodass ich damit nicht weiter unnötig Zeit verlor. Und sogar das Internet funktionierte in dieser abgelegenen Region. Da hätten sich weit zentralere Orte ein Beispiel nehmen können, anstatt nur dumpfe Ausreden zu suchen. Das Wetter war sonnig mit lebhaftem
Cooktown-Cook´s Lookout
Wind, der stürmisch über das Gelände der Stadt zog.

Nachdem ich alle Formalitäten erledigt hatte, machte ich mich sofort auf den Weg zum berühmten Aussichtspunkt der Stadt, dem Cook Lookout. Der 162 Meter hohe Grassy Hill, auf den der Seefahrer gestiegen war, um eine Ausfahrtspassage durch das Riff zu suchen, lockte mit einer fantastischen 360 Grad Panoramasicht, einem nicht benützten Leuchtturm und einer Plattform mit interessanten Informationen. Schon die kleine steile sich auf den Gipfel schlängelnde Straße versorgte interessierte Besucher auf Hinweistafeln mit historischen Details zum Schiffbruch und zur Begegnung der Mannschaft mit den Einheimischen vor fast 250 Jahren. Der Hügel vis-a-vis vom Aussichtspunkt trug den Namen Mount Cook. Der Blick hinaus auf das Riff und auf der anderen Seite zur Mündung des Endeavour River war vom Feinsten, was ich auf meiner Reise bisher gesehen hatte. Ich konnte mich gar nicht loseisen, so begeistert war ich. Es war klar, dass ich bei einem anderen Sonnenstand hier nochmals vorbeischauen würde. Mit dieser Aussicht hatte ich auch die volle Übersicht und Orientierung über Cooktown erlangt. Ich fuhr hinunter zur Mole und blickte in die tiefstehende Sonne. Cooktown war
Cooktown-Cook´s Lookout
schon im Jahr 1876 während des Goldrausches eine umtriebige Stadt mit mehr als 2.000 Einwohnern, stand auf einer Tafel zu lesen. Hier war nicht nur Captain Cook sondern auch ich goldrichtig gelandet, das war mein zufriedenes Resümee des Tages. Ich fuhr noch durch die Stadt und sah einige historische Gebäude, tankte meinen Wagen wieder voll und ging einkaufen. Ein ewig langer wunderschöner Tag neigte sich seinem Ende entgegen.

Mein zweiter Tag in Cooktown begann mit dem Klopfen der Putzfrauen an meiner Zimmertür in der Früh, während ich noch schlief. Das war mir nicht das erste Mal passiert in Australien und zeigte erneut den schlechten Servicestandard in der Hotellerie. Die Damen wollten einfach ihre Arbeit beenden und dies auch auf Kosten der zahlenden Gäste. Das Wetter präsentierte sich mehrheitlich sonnig mit durchziehenden Wolkenfeldern. Das war eine gute Voraussetzung, um nochmals auf den Cook Lookout zu fahren. Die Lichtverhältnisse waren besser als am Nachmittag des Vortags, und ich hatte wenig Mühe, gute Aufnahmen von der Region zu machen. Meine Begeisterung blieb ungebrochen, denn es war ein Vergnügen für die Sinne, auf diesem Hügel zu stehen.

Cooktown-James Cook Museum
Danach begab ich mich zum James Cook Museum, das in einem umwerfenden Klostergebäude aus dem 19. Jahrhundert untergebracht war. Cooktown ist die Stadt mit der größten Geschichte im tropischen Queensland, und das Museum mit den schönen Außenverandas wurde dieser Rolle voll gerecht. In mehreren Räumen auf zwei Geschoßebenen wurden die zentralen historischen Ereignisse der Stadt und seiner Umgebung dargeboten, wobei die Endeavour Gallery mit dem Originalanker und einer Originalkanone, die im Jahr 1970 gehoben worden waren, sicherlich einen Höhepunkt darstellte. Auch eine Schiffsnachbildung in Miniatur und die Tagebucheintragungen des Captains sowie von Teilen seiner Mannschaft konnte man bestaunen. Die Todesangst war den gestrandeten Menschen ins Gesicht geschrieben, und es benötigte sieben Wochen Zeit, um das Schiff wieder seetüchtig zu machen, und eine Rinne aus dem Riff zu finden, die auch mit den vorherrschenden Winden befahrbar war. Dem damaligen Zusammenspiel von Cook und den lokalen Aborigines, das einen integralen Bestandteil australischer Geschichte repräsentiert, wurde aus beiden Perspektiven ebenfalls breiter Raum gewährt.

Cooktown
Die anderen Galerien befassten sich mit dem ständig wechselnden Gesicht der Stadt. Es waren alte Klassenzimmer und die ehemalige Aula der Konvent-Schwestern zu sehen, Geschichten aus der Zeit des Palmer Goldrausches und eine Reihe von Objekten des umfangreichen chinesischen Erbes aus der Region. Im umgebenden Sir Joseph Banks Garden waren einige der von ihm 170 im Jahr 1770 identifizierten und benannten Arten zu finden. Vom Museum konnte man einen schönen Ausblick über den Endeavour River zu den nördlichen Stränden genießen. Die Geschichte von Captain Cook hatte mich in ihren Bann gezogen, und ich wollte erfahren, wie es mit ihm weitergegangen war. Darüber wurde interessanterweise nämlich im Museum nichts berichtet, und daher fragte ich am Eingang nach. Eine freundliche Dame zeigte mir ein Buch, das einen kurzen Abriss seiner weiteren Entwicklung auflistete. Cook kehrte mit seiner Mannschaft, von deren ursprünglich 96 Männern nur 60 überlebten, wohlbehalten nach England zurück. Auf seiner dritten Reise kartographierte Cook dann die Inseln Hawais, wobei ihn die Einheimischen zunächst als Gott verehrten. Doch gingen die Nahrungsmittelreserven der lokalen Bevölkerung allmählich zur Neige, sodass sie froh waren, als Cook mit seinem Schiff wieder abreiste. Unglücklicherweise
Cooktown-Marina an der Mündung des Endeavour River
zwang Schlechtwetter das Schiff zur Umkehr, worüber die Bevölkerung wenig erbaut war. Sie stahlen eines seiner kleinen Boote. Als Cook an Land ging, um es zurückzuholen, brachen Kämpfe aus, und Cook wurde am Strand am 14. Februar 1779 zu Tode geprügelt. Seine Frau Elizabeth überlebte nicht nur ihren Mann sondern auch alle ihrer sechs gemeinsamen Kinder und starb im Jahr 1835 im Alter von 93 Jahren. Trauriger weise gab es jedoch keine Enkel, die den Namen Cooks weiter getragen hätten.

Der Besuch des Museums hatte mir interessante und wichtige Eindrücke offenbart, um die Geschichte des Landes noch besser begreifen zu können. Ich fuhr hinunter zur Uferpromenade des Endeavour River, um mich nach einem River Cruise zu erkundigen. In der Adelaide Street fand ich einige schöne historische Gebäude, die Polizeistation und das Büro des Regierungsvertreters von Queensland mit dem Gericht. Im Grünen stand eine kleine Statue von Captain Cook mit Fernglas und Landkarte in seinen Händen. Auch von der Ebene war der Blick auf den Fluss umwerfend. Ein Stein markierte den Platz, wo das havarierte Schiff von Cook geankert hatte. Auf einem anderen Stein befand sich das Denkmal eines Goldgräbers, das an die Zeiten des Goldrausches erinnern
Cooktown Umgebung-Endeavour Falls
sollte. Ein weiteres würfelförmiges Denkmal auf Steintreppen mit einer Art Obelisk-Säule gedachte der Landung der Endeavour am 17. Juni 1770. Für eine Reise auf dem Fluss war es an diesem Tag bereits zu spät, wie mir der Betreiber mitteilte. Nur für eine Person wäre die Fahrt außerdem zu teuer gewesen, und weitere interessierte Touristen waren keine auszumachen. In der Marina an der Biegung des Flusses lagen ein paar wenige Schiffe geschützt vor Anker. Die zentrale Bootsrampe ermöglichte einen einfachen Zugang für die Wasserfahrzeuge.

Zweiunddreißig Kilometer im Nordwesten von Cooktown liegt der Endeavour Falls Tourist Park mit dem Wasserfall, den ich mir anschauen wollte. Die Straße führte weiter zum einheimischen Ort Hope Vale, wobei ein Teil der Strecke unbefestigt aber gut befahrbar war. Bei meiner Anreise kreuzte ich den Endeavour River, den ich mir von der Brücke aus ansah. Das grüne Land war von Bergketten gesäumt. Der Wasserfall konnte nur über den Tourist Park besucht werden, und es dauerte eine Weile bis ich jemanden fand, der mir den Weg zeigen konnte. Die Anlage war sehr gepflegt und mit vielen Bungalows ausgestattet. Am unteren Ende lag versteckt der Zugang
Cooktown Umgebung-Isabella Falls Anreise, Überflutung der Straße
zu einem kleinen Fluss mit einer Krokodilwarnung. Hier lebte angeblich ein ortsansässiges Krokodil. Ein junges Paar mit Kleinkind saß auf den Felsen des etwas enttäuschenden Wasserfalls und fischte. Ich blieb vorsichtig, doch offenbar war die Gefahr auch am Wasser nicht übermäßig groß. Eine einzige Fallstufe von etwa drei Metern Höhe machte den vielleicht dreißig Meter breiten Fall aus. Eine Weile spazierte ich im Schatten auf den Felsen umher, bevor ich mich zur Weiterfahrt entschloss. Es gab ja noch die Isabella Falls, die zusätzliche fünfzehn Kilometer entfernt lagen. Möglicherweise präsentierten sich diese ein wenig spektakulärer. Die Straße führte über hügeliges Buschland, wobei es mächtig heiß geworden war in der Zwischenzeit. Voller Vorfreude zog ich die Strecke entlang, bis die Anreise zu meiner vollkommenen Überraschung ein jähes Ende nahm. In einer Senke lief ein Fluss über die Straße und versperrte mir die Weiterfahrt. Das Szenario kannte ich bereits vom Kakadu National Park. Hier konnten nur hochgelegte Vierrad-Fahrzeuge gefahrlos passieren. Einen kurzen Moment begutachtete ich die Situation und entschied mich sofort für die Umkehr. Das Risiko, mit dem Leihwagen hier stecken zu bleiben, erachtete ich als zu groß, das war der Wasserfall einfach nicht wert.

Hope Vale-Cooktown Rückreise
Daher kehrte ich um und fuhr weiter nach Hope Vale, einer Aboriginal Community nordwestlich von Cooktown und gleichzeitig der nördlichste Punkt, den ich in Queensland ansteuern wollte. Die Siedlung entstand aus einer früheren Missionsstation und wird seit den 1950er Jahren als selbstgewähltes Community Council betrieben. Bei der Einfahrt kam ich mir wie ein Fremder vor, der im Wilden Westen in eine neue Stadt einreitet. Für mich bot sich ein eher trostloses Bild, dem ich wenig Gefallen abringen konnte. Auffallend waren die Evangelisch-Lutherische Holzkirche und die flachen oft eher dem Verfall preisgegebenen Wohnhäuser. Es gab aber auch moderne öffentliche Anlagen und Internet. Menschen waren nicht besonders viele zu sehen. Mir schien die Stimmung triste, doch vielleicht täuschte ich mich auch, und es handelte sich bloß um einen markanten Mentalitätsunterschied. Mehrmals verließ ich den Wagen und blickte mich sorgfältig um. Im Endeffekt war ich allerdings froh, den Ort wieder verlassen zu können. Über die bekannten Staub- und Asphaltstraßen kehrte ich durch die herrliche Landschaft nach Cooktown zurück.
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